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BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN

Willkommen beim Kreisverband Leipzig

Hintergrundinfos zum Ausstieg aus der Fernwärme aus dem Braunkohlekraftwerk Lippendorf

23.12.18 –

- basierend auf einem Autorenpapier von Gerd Lippold, Mitglied des Sächsischen Landtags -

Warum soll der Fernwärmebezug aus dem Kraftwerk Lippendorf beendet werden?

Wer seine Wärme aus einem Kraftwerk bezieht, dessen Wärmeversorgung ist nur dann gesichert, wenn das Kraftwerk auch am Strommarkt gebraucht wird. Soeben versucht die nationale Kohlekommission, so rasch wie möglich einen Pfad zur Beendigung der Stromerzeugung aus Braunkohle zu finden. Das Kraftwerk Lippendorf ist ein Braunkohlekraftwerk, das zu den schmutzigsten Kraftwerken in Deutschland gehört. Neben besonders großen Mengen des Klimagases Kohlendioxid werden auch andere Schadstoffe wie Quecksilber, Stickoxide und Feinstaub ausgestoßen. Dies führt zu Klimaerwärmung auf der Erde und schädigt die Gesundheit der Menschen, die in der Umgebung des Kraftwerks wohnen, also auch in Leipzig. Um den Klimawandel zu stoppen und die Gesundheit der Menschen zu schützen muss die Nutzung von Braunkohle eingestellt werden. Der Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“ im Süden von Leipzig frisst Jahr für Jahr unwiederbringlich Natur und Kulturlandschaft. Der Betreiber MIBRAG will ihn sogar noch zusätzlich erweitern und dazu weitere Dörfer abbaggern. Pödelwitz ist ein Symbol des Kampfes gegen sinnlose Zerstörung geworden. Im Zeitalter des Pariser Klimaschutzabkommens ist klar: der größte Teil selbst der bereit genehmigten Kohle muss unter der Erde bleiben. Der Ausstieg aus Braunkohleverstromung und Tagebaui ist deshalb längst keine Frage des „Ob“ mehr, sondern nur noch eine Frage des „Wie“. Leipzig nimmt hier eine Vorreiterrolle ein, kümmert sich vorausschauend um die Daseinsvorsorge für seine Bürgerinnen und Bürger und gestaltet den notwendigen Wandel mit.

Muss das Kraftwerk Lippendorf zur Stromerzeugung durchgängig betrieben werden?

Braunkohlekraftwerke sind dafür konzipiert, rund um die Uhr voll ausgelastet zu werden. Im Zuge des Ausbaus von erneuerbarer Energie ist das nicht mehr nötig. Das Kraftwerk Lippendorf liegt im Gebiet des Netzbetreibers 50Hertz, das die neuen Bundesländer umfasst. Hier konnte der Strombedarf im Jahr 2017 bereits für 1.225 Stunden - das entspricht rechnerisch etwa 51 Tage des Jahres 2017 - vollständig durch erneuerbare Energie gedeckt werden. Die Wärme, die eventuell in dieser Zeit gebraucht wird, lässt sich mit dem geplanten Mix der Stadtwerke umweltfreundlicher erzeugen, als mit einem großen Kohlekraftwerk. Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energie werden immer weniger konventionelle Kraftwerke benötigt. Am besten eignen sich dann als Brückentechnologie Gaskraftwerke, weil deren Leistung im Zusammenwirken mit Wärmespeichern in intelligenten Wärmenetzen sehr flexible und rasch dem Bedarf angepasst werden kann.

Produziert das Kraftwerk Lippendorf in jedem Fall Abwärme, die über die Kühltürme abgegeben wird?

Ein großes Braunkohlekraftwerk, , das über die sogenannte Kraft – Wärme – Kopplung (KWK) neben der Stromerzeugung auch einen kleinen Teil seiner gigantischen Wärmeleistung (im Fall Lippendorf typisch weniger als ein Zehntel) für die Fernwärmeversorgung auskoppelt, muss immer häufiger trotz ausreichend Wind und Sonne im Netz im Betrieb sein, nur um die Fernwärmeerzeugung zu gewährleisten. Sein Strom wird in solchen Situationen eigentlich nicht gebraucht, sorgt für negative Strompreise am Strommarkt und für Belastung der Übertragungsnetze durch schmutzigen Kohlestrom. Das Kraftwerk läuft dennoch weiter – es geht wegen der „Systemrelevanz“ für die Fernwärme nicht vom Netz.

Ein passender Vergleich: Das ist so wie Kaffeekochen auf einem Kohleherd. Ist er sowieso geheizt, dann kann man ihn auch zum Kaffeekochen benutzen. Nur für eine Tasse Kaffee, also ohne dass die Heizwärmebenötigt wird, würde man einen großen Kohleherd nicht anheizen. Produziert ein konventionelles Kraftwerk Strom, der nicht gebraucht wird, so muss an anderer Stelle gemäß des Einspeisemanagements z. B. ein Windrad angehalten werden. Der Betreiber des Windrades wird dafür entschädigt. In einem solchen Fall ist die Wärmeerzeugung aus dem Kohlekraftwerk also nicht nur besonders Klimaschädlich, sondern auch volkswirtschaftlich gesehen besonders teuer.

Wird das Kraftwerk Lippendorf weiter betrieben, wenn die Fernwärme nicht bezogen wird?

Das Kraftwerk Lippendorf wird zunächst – je nachdem, was in den Beratungen der Kohlekommission entschieden wird – noch einige Jahre Energie liefern. Wenn keine Fernwärmeversorgung mehr an Lippendorf hängt, wird das Kraftwerk in Situationen hoher Einspeisung erneuerbarer Energien nur noch dann betrieben werden, wenn es für die Stromversorgung wirklich gebraucht wird. Wenn das nicht mehr der Fall ist – und das wird mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie immer häufiger vorkommen - kann Lippendorf vom Netz. Es ist dann nicht mehr systemrelevant und damit ist es auch weniger in Betrieb. Damit hat die Leipziger Entscheidung einen langen Hebel: weniger sinnlos geförderte und verbrannte Braunkohle, weniger zerstörte Landschaft und gefährliche Abgase. Der Verlust der Systemrelevanz durch Abkopplung der Fernwärme bedeutet auch: das Kraftwerk und damit die Braunkohleverstromung im Süden von Leipzig steht im Zuge der Verhandlungen zum nationalen Kohleausstieg mit zur Diskussion. Besonders kritisch ist der hohe Anteil an Quecksilber in der Mitteldeutschen Braunkohle, der zu einem hohem Quecksilberanteil im Abgas des Kraftwerks Lippendorf führt. Es ist anzunehmen, dass das Kraftwerk im Zuge der Verhandlungen um den bundesweiten Kohleausstieg aufgrund der besonders hohen Quecksilberbelastung früher vom Netz kann, wenn es für die Fernwärmelieferung nach Leipzig nicht mehr systemrelevant, sprich, notwendig ist.

Wie sind die Kohlendioxidemissionen eines neuen Gaskraftwerkes im Vergleich zu denen des Kraftwerks Lippendorf?

Bei der Verbrennung von Erdgas entsteht auch Kohlendioxid, aber deutlich weniger als bei der Verbrennung von Braunkohle. Das Kraftwerk Lippendorf stößt in zehn Tagen Vollbetrieb so viel Kohlendioxid aus, wie ein hochmodernes 200 MW Gaskraftwerk in einem Jahr. Wenn das Kraftwerk Lippendorf aufgrund des Leipziger Kohleausstiegs ein Jahr weniger betrieben wird, so kompensiert das in etwa den gesamten Kohlendioxidausstoß eines neuen Gaskraftwerks im Laufe der Lebensdauer.

Wird die Fernwärme durch den Ausstieg unnötig teuer?

Nach den Berechnungen der Stadtwerke Leipzig bleiben die Kosten auch nach dem Ausstieg aus der Lippendorfer Fernwärme für die Wärmeversorgung gleich. Zwar fallen für den Brennstoff Erdgas höhere Kosten an als für Braunkohle, allerdings gibt es auch Förderungen für den Neubau von flexiblen Kraftwerken. Diese Förderungen beziehen sich zum einen darauf, dass Strom und Wärme erzeugt werden (Kraft – Wärme – Kopplung), zum anderen, dass Strom in einem Gebiet erzeugt wird, in dem er auch gebraucht wird, also z. B. in der Stadt Leipzig. So wird das Stromnetz optimal genutzt. Die Stilllegung des Kraftwerks Lippendorf ist eine Frage der Zeit. Mit dem vorgestellten Konzept können die Stadtwerke eine sinnvolle Lösung im Sinne der regionalen Wertschöpfung herbeiführen und müssen nicht im Zugzwang reagieren, falls das Kraftwerk früher als angesagt vom Netz gehen muss.

Hat der Ausstieg negative Auswirkungen auf das Leipziger Land?

Die Potentiale, die sich im Rahmen des Ausbaus der erneuerbaren Energie für das Leipziger Land ergeben, sind höher als eventuelle Einbußen durch den Kohleausstieg. Auch sind bereits Fördermittel für Modellvorhaben im Strukturwandel ausgeschrieben und es ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Arbeit der „Kohlekommission“ noch weitere Maßnahmen beschlossen werden. Ein früherer Ausstieg aus der Braunkohle bedeutet den Verzicht auf die Erweiterung des Tagebaus und so könnte nicht nur das Dorf Pödelwitz erhalten bleiben, sondern auch die Vorteile einer früheren Rekultivierung der jetzigen Tagebaugebiete genutzt werden.

Die Kommunen im Leipziger Land, die gleichfalls noch geringe Mengen Fernwärme aus Lippendorf beziehen, sollten nicht die Leipziger Entscheidung angreifen, sondern mit Leipzig gemeinsam im Land, im Bund und bei der Kohlekommission auf Unterstützung für den raschen kommunalen Kohleuasstieg drängen.

Ein rascher Leipziger Braunkohleausstieg ist eine wichtige Hilfe der Leipzigerinnen und Leipziger zur Rettung des 700jährigen Dorfes Pödelwitz.

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